Berlin, 2. August 2022. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit heute zugestelltem Beschluss einem Eilantrag der Carsharing‑Anbieter SHARE NOW und WeShare gegen das Land Berlin stattgegeben. Damit ist Carsharing im Land Berlin vorerst keine Sondernutzung. SHARE NOW und WeShare bieten ihren Kunden Mietfahrzeuge ohne feste Abhol- oder Rückgabestationen an. Die Fahrzeuge sind im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt, werden über eine App lokalisiert und geöffnet und nach Ende der Fahrt wieder abgestellt.
Das Land Berlin vertritt die Auffassung, dass (auch stationsungebundene) „Freefloating“‑Carsharing‑Angebote eine Sondernutzung darstellen und daher unter die Anwendung der ab dem 01. September 2022 in Kraft tretenden Regelung des § 11a Berliner Straßengesetz fallen und somit künftig eine Genehmigung des Landes benötigten. Die Carsharing‑Anbieter SHARE NOW und WeShare hielten dem im Eilverfahren vor Gericht u. a. entgegen, dass ihre Fahrzeuge sich auf den Straßen Berlins durchweg im Rahmen des jedermann genehmigungsfrei gestatteten sog. „Gemeingebrauchs“ bewegten. Das gelte auch für die nach dem Gebrauch von den Nutzerinnen und Nutzern abgestellten Fahrzeuge. Dieser Vorgang sei vom Bundesgesetzgeber im Straßenverkehrsrecht, der StVO, abschließend geregelt worden: Die Fahrzeuge parken. Hierfür benötigten sie keine Genehmigung. Dem Land Berlin fehle die Gesetzgebungskompetenz, den vom Bund geregelten Vorgang abweichend zu regulieren und hierfür eine Genehmigung zu verlangen. Der Berliner Gesetzgeber habe dieses Problem im Gesetzgebungsverfahren gesehen und die Regelung bewusst offen gefasst. Sie dürfe mit Blick auf diese beschränkte Landeskompetenz vom Berliner Senat nun nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie auch stationsungebundene Carsharing‑Angebote erfasst. Das sei mangels Landekompetenz verfassungswidrig.
Dem ist das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss nun gefolgt. Die Neuregelung findet auf die Angebote von SHARE NOW und WeShare daher jedenfalls vorläufig keine Anwendung. Dem Berliner Senat ist es, so das Gericht, aus Kompetenzgründen verwehrt, aus dem hier in Rede stehenden Parkvorgang eine genehmigungspflichtige Sondernutzung zu machen. Dass die verkehrs- und betriebsbereiten Fahrzeuge im Rahmen einer Miete in Betrieb genommen werden sollen, die über eine App angebahnt werde und zustande komme, ändert, so das VG Berlin, nichts daran, dass es sich bei den abgestellten Fahrzeugen um einen vom Bund regulierten Parkvorgang handelt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
SHARE NOW und WeShare wurden in dem Verfahren von den Redeker Rechtsanwälten Dr. Christian Eckart und Dr. Korbinian Reiter vertreten. Der Redeker Partner Dr. Christian Eckart berät bundesweit Unternehmen der Sharing Economy zu öffentlich‑rechtlichen Regulierungsfragen. Dr. Korbinian Reiter ist mit Schwerpunkt im öffentlichen Wirtschaftsrecht und dem Europarecht tätig.