Presseerklärung zur Mitteilung des Erzbistums Berlin vom 22.Juni 2021

„Gutachten‑​Kommission – Arbeit wird einstweilen als ruhend erklärt“

Berlin, 22. Juni 2021. Zu den Mitteilungen der Gutachten‑​Kommission des Erzbistums Berlin erklären Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter‑​Andreas Brand und Rechtsanwältin Sabine Wildfeuer von der Sozietät Redeker Sellner Dahs:

Von den Mitteilungen der Gutachten‑​Kommission des Erzbistums Berlin haben wir durch die Presse erfahren. Mit uns hat hierüber niemand gesprochen, weder von Seiten des Erzbischöflichen Ordinariats noch von der Gutachtenkommission.

Unser Gutachtenauftrag ist vollständig und ordnungsgemäß erfüllt worden. Im Gutachten ist im Einzelnen festgehalten, durch wen und auf welche Weise Fälle sexuellen Missbrauchs im Bereich des Erzbistums vertuscht worden sind und ob und inwieweit die jeweils anwendbaren kirchlichen und kirchenstrafrechtlichen Regelungen eingehalten worden sind. Unser Gutachten geht sogar hierüber noch hinaus: Die alleinige Fragestellung, ob jeweils kirchliche oder kirchenstrafrechtliche Regelungen eingehalten worden sind, ginge an der Problematik des Skandals des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in der katholischen Kirche vorbei. Entscheidend ist auch die jeweilige moralische und Führungsverantwortung. Unser Gutachten hat die Fülle der Missstände aufgezeigt und benannt. Nichts anderes war von unserem Gutachtenauftrag umfasst.

Wenn sich die Mitglieder der Gutachten‑​Kommission fachlich und zeitlich nicht in der Lage sehen, das von uns ausführlich dargestellte und bewertete Verhalten der Verantwortungsträger innerhalb des Erzbistums Berlin ihrerseits zu bewerten und unsere Vorschläge für die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen, kann dies kein Grund für die Unterbrechung der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Erzbistum Berlin sein. Die Haltung der Gutachten‑​Kommission spricht vielmehr dafür, dass sie fachlich und personell entweder nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die notwendigen Aufarbeitungsschritte in Angriff zu nehmen. Es bedarf keines weiteren Gutachtens von externen Dritten, sondern der Umsetzung der Konsequenzen, die sich aus den von uns festgestellten schwerwiegenden Missständen ergeben. Wenn die Gutachten‑​Kommission meint, die erforderliche Aufarbeitung könnte sich in der „juristischen Bewertung der Einzelfälle“ erschöpfen, so hat sie nach unserer Auffassung ihren Auftrag missverstanden. Die wirkliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals einschließlich der erforderlichen strukturellen und personellen Konsequenzen entzieht sich einer rein juristischen Betrachtung, sondern muss tiefer gehen und insbesondere die von uns vorgeschlagenen Strukturänderungen in Angriff nehmen. Wir bedauern deshalb außerordentlich, dass die Gutachtenkommission ihre Arbeit zunächst ruhen lassen will, und fordern sie auf, ihre Arbeit unverzüglich fortzusetzen.

Ihre Ansprechpartnerin

Christiane Legler

Christiane Legler

legler@redeker.de

Willy‑​Brandt‑​Allee 11
53113 Bonn
T +49 228 72625‐472
F +49 228 72625‐99