Berlin, 29. November 2019. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage gegen den Lärmaktionsplan für den Flughafen Frankfurt abgewiesen. Das beklagte Land Hessen wurde von Redeker Sellner Dahs vertreten. Nach dem Urteil vom 28.11.2019 haben Privatpersonen weder nach deutschem Recht noch nach Europäischem Recht oder der Aarhus‑Konvention ein Klagerecht gegen Lärmminderungsplanungen.
Die Klägerin hatte gegen den vom Regierungspräsidium Darmstadt erlassenen Lärmaktionsplan für den Flughafen Frankfurt geklagt, weil sie ihn für unzureichend hielt. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte nun ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Klage unzulässig ist. Weder das deutsche noch das europäische Umweltrecht eröffne individuelle Klagemöglichkeiten von lärmbetroffenen Anwohnern gegen die Lärmaktionsplanung für Flughäfen, Verkehrswege und Ballungsräume. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof hielt das Bundesverwaltungsgericht nicht für notwendig, weil die Rechtslage insoweit hinreichend klar sei.
Ein Klagerecht, das auf eine europäische Richtlinie gestützt werde, setze voraus, dass der Kläger geltend machen könne, dass Vorgaben der Richtlinie verletzt seien, die ihn beträfen und hierbei hinreichend klar, präzise und nicht an Bedingungen geknüpft seien. Dies sei etwa bei europäischen Grenzwerten (z. B. Nitratgrenzwerte oder Luftreinhalteplänen) der Fall, nicht aber bei der Umgebungslärm‑Richtlinie und der dort vorgeschriebenen Lärmaktionsplanung. Die Umgebungslärm‑Richtlinie enthält keine Grenzwerte, sondern gibt den Mitgliedstaaten der europäischen Union vor, durch ein strategisches Lärmmanagementsystem Lärmprobleme zu identifizieren, darzustellen und Lärmminderungsstrategien festzulegen.
Hierzu Dr. Tobias Masing, der das Regierungspräsidium Darmstadt in dem Revisionsverfahren vertreten hat: „Die Bedeutung des Urteils geht weit über die Frage der Lärmaktionsplanung hinaus. Es bekräftigt ein Grundprinzip des deutschen Verwaltungsprozessrecht, den subjektiven Rechtsschutz, auch für Sachverhalte europäischen Umweltrechts: Allein die Betroffenheit durch ein Umweltproblem begründet noch kein Klagerecht zu Umweltvorschriften. Ein Klagerecht setzt voraus, dass der Kläger die Verletzung eines ihm zustehenden eigenen Rechts geltend machen kann. Ein Klagerecht folgt also nicht automatisch aus der Aarhus‑Konvention oder aus europäischen Richtlinienvorgaben. Es setzt voraus, dass diese europäischen Richtlinien klare, präzise und unbedingte Vorgaben enthalten, die in Bezug auf den Kläger gelten. Insoweit bringt das Urteil Rechtssicherheit bei europäisch bestimmten umweltrechtlichen Rechtsstreitigkeiten.
Das Gericht erteilt Thesen eine Absage, wonach jedem Betroffenen unmittelbar aus der Aarhus‑Konvention ein Klagerecht für alle umweltbezogenen Vorschriften zustehe, die ihn besonders betreffen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konsequent für das deutsche Prozessrecht angewendet. Deshalb war auch eine Anrufung des EuGH nicht erforderlich.