Berlin, 8. September 2017. Auf Hinweis des Berliner Verwaltungsgerichts und nach Abstimmung mit der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erteilte der Berliner Bezirk Pankow kürzlich einem Home Sharer eine Genehmigung zur Vermietung seiner Hauptwohnung an insgesamt 182 Tagen pro Jahr. Die betroffene Privatperson, die gelegentlich ihre selbst bewohnte Wohnung an Berlinbesucher vermieten will, hatte nach Ablehnung einer Genehmigung vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen das Land erhoben. Der Verwaltungsprozess ist nach Vergabe der Genehmigung mit Erledigungserklärungen beider Seiten in Bezug auf die Genehmigungserteilung beigelegt worden. Die Genehmigung bedeutet eine Kehrtwende beim Berliner Zweckentfremdungsverbot. Der Fall ist verallgemeinerungsfähig: Berliner Home Sharer können auf Gleichbehandlung pochen.
Wer seine ganze selbst bewohnte Hauptwohnung tage‐ oder wochenweise an Gäste vermieten möchte, benötigt hierfür eine Genehmigung nach dem Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Anträge wurden bisher überwiegend abgelehnt, meist mit der Begründung, es liege keine Existenzgefährdung vor. Das öffentliche Interesse am Vermietungsverbot überwiege das private Interesse an einer Vermietung des Wohnraums und an den damit verbundenen Einkünften.
Das Berliner Verwaltungsgericht entschied jedoch, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum nicht besteht, wenn die Räumlichkeiten bereits zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Antragsteller habe daher einen Anspruch auf die Genehmigung, andernfalls gebe es verfassungsrechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Gesetzes. Dies bewegte das Land Berlin zum Einlenken: Das zuständige Bezirksamt Pankow erteilte dem Kläger eine Genehmigung zur Vermietung seiner Hauptwohnung an 182 Tagen im Jahr. Für den Kläger war dies ausreichend. Um eine einheitliche Verwaltungspraxis in Berlin sicherzustellen, stimmte der Bezirk sich zuvor auf Anregung des Gerichts mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ab. Bei der Hauptwohnung besteht damit nun in ganz Berlin Anspruch auf eine Genehmigung für eine Vermietung an 182 Tagen pro Jahr. Dass ein solcher Anspruch – sogar ohne zeitliche Begrenzung – auch bei Zweitwohnungen besteht, hat das Berliner Verwaltungsgericht bereits mit Urteilen vom 9. August 2016 festgestellt und jüngst mit einem weiteren Urteil bestätigt. Wer seine Hauptwohnung häufiger als 182 Tage verlässt, dort jedoch seinen Lebensmittelpunkt behält, wird nach der Rechtsprechung des Berliner Verwaltungsgerichts auch hier eine zeitlich unbefristete Genehmigung erhalten können. Um die erforderliche Rechtssicherheit für Berliner Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, ist dies im Zweckentfremdungsverbotsgesetz entsprechend klarzustellen.
Dr. Christian Eckart, LL.M. (Cornell), Rechtsanwalt bei der Kanzlei Redeker Sellner Dahs: „Diese Entwicklung ist Grund zur Freude für alle Berliner Home Sharer. Privatpersonen, die gelegentlich ihr Zuhause vermieten wollen, müssen nach den Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts eine Genehmigung erhalten. Das Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz muss nun dringend angepasst werden, um diese Rechtslage auch widerzuspiegeln. Es darf nicht sein, dass Berliner Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Kurzzeitvermietung nur in Rechtsschutzverfahren zugesprochen bekommen, dieses aber nicht klar gesetzlich geregelt ist.“
Anders als in vergleichbaren Regelungen anderer Städte, wie beispielsweise in Hamburg, fehlt im Berliner Gesetz eine Ausnahme für die kurzzeitige Vermietung einer selbst bewohnten Wohnung, obwohl in derartigen Fällen der Gesetzeszweck – die Erhaltung von Wohnraum – nicht betroffen ist. Wohnraum, der zum Wohnen genutzt und nur kurzzeitig vermietet wird, steht dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung. Das Verbot verfehlt infolgedessen seine Wirkung und greift so ohne Grund: Wer einem Home Sharer, also jemandem, der auf Geschäftsreise oder im Urlaub ist, untersagt, seine Wohnung in dieser Zeit an Berlinbesucher zu vermieten, schafft keinen Wohnraum. Das Verbot wirkt sich hier ohne Mehrwert für die Öffentlichkeit zu Lasten des Vermieters aus. Es ist auf andere Sachverhalte zugeschnitten, nämlich auf Fälle, in denen Räumlichkeiten, die noch nicht dauerhaft bewohnt sind, statt auf dem Wohnungsmarkt als Ferienwohnung angeboten werden.
Ergänzung vom 18.09.2017
Pressemeldungen zufolge bestreitet die Berliner Senatsverwaltung, dass vor der Genehmigungserteilung eine Abstimmung zwischen dem Bezirksamt Pankow von Berlin und dem Berliner Senat erfolgt sei. Die Senatsverwaltung habe von dem Fall nichts gewusst.
Hierzu weisen wir auf Folgendes hin:
Das beklagte Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Pankow von Berlin, hatte mit Schriftsatz vom 08.11.2016 angekündigt, eine Abstimmung mit der Senatsverwaltung und den anderen Bezirken in einer am 24.11.2016 stattfindenden Dienstbesprechung herbeiführen zu wollen. Mit Schriftsatz vom 29.11.2016 hat das Bezirksamt Pankow von Berlin sodann erklärt (Hervorhebung nur hier):
„In der Verwaltungsstreitsache … teilt die Beklagte nach erneuter Prüfung und nach Rücksprache mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt [inzwischen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen] mit, dass eine Änderung der Genehmigung nach derzeitiger Rechtsauffassung nur insoweit möglich ist, als die Genehmigung für die Nutzung als Ferienwohnung an 182 Tagen im Jahr als erteilt gilt. …“