Anlässlich der am 01.07.2023 in Kraft tretenden Reform des Stiftungsrechts setzen wir unseren Überblick über das Stiftungsrecht fort: In unserem Newsletter (Private Clients 2022‑2) haben wir uns mit den Grundbegriffen des Stiftungsrechts und der Stiftung als Instrument der Nachfolgeplanung befasst. Im heutigen Newsletter steht die Gründung einer rechtsfähigen Stiftung im Fokus. Übrigens: Einen Überblick über die Stiftungsrechtsreform und wichtige Neuerungen enthält auch unser Newsletter Corporate, den Sie hier abonnieren können.
Vor der Gründung stehen Zweckmäßigkeitsüberlegungen. Eine Stiftungsgründung will wohlüberlegt sein, insbesondere sollte unvoreingenommen die Frage angegangen werden, ob der vom Stifter verfolgte Zweck auch – ggf. sogar besser bzw. einfacher – auf andere Weise erreicht werden kann. Alternative Überlegungen könnten umfassen: Nichtsrechtsfähige Stiftung; gemeinnützige GmbH oder gemeinnütziger Verein; Dauertestamentsvollstreckung; Zustiftung. Vor allem sollte Klarheit darüber geschaffen werden,
Hier bestehen sehr unterschiedliche Möglichkeiten, die im Rahmen einer Beratung ergebnisoffen angesprochen werden können und sollten, um eine dem jeweiligen Einzelfall gerechte Lösung zu finden. Wir verweisen auf unseren Newsletter (Private Clients 2022‑2).
Wenn die Grundüberlegungen angestellt sind und die Entscheidung für eine rechtsfähige Stiftung gefallen ist, sind zwei Urkunden zu entwerfen: Das Stiftungsgeschäft und die Satzung.
Das Stiftungsgeschäft ist der rechtliche Akt, mit dem die Stiftung auf Grundlage einer bestimmten Satzung errichtet wird, und sich der Stifter zur Übertragung eines bestimmten Vermögens auf die Stiftung verpflichtet. Es kann bei der Stiftung unter Lebenden regelmäßig schlank ausfallen, da es (üblicherweise) nur die Verpflichtung zur Vermögensübertragung und die Verweisung auf die Satzung enthält. Insofern ist vor allem die Frage zu klären, welcher Art (liquides Vermögen, Immobilien, Gesellschaftsanteile…) und Umfang das Vermögen der Stiftung sein soll.
Praktisch wichtiger ist die Satzung. Der zwingende Inhalt ergibt sich aus § 81 BGB (Abs. 1, 2 nF bzw. Abs. 1 S. 3 aF). Insbesondere muss die Satzung den von der Stiftung zu führenden Namen, ihren Sitz, ihr Vermögen und die Bildung ihres Vorstands regeln, ferner den von ihr verfolgten Zweck (das „Herz“ einer jeden Stiftung).
Da die Einhaltung der Satzung durch den Vorstand (und etwaige andere Organe) von der Aufsichtsbehörde überwacht wird, und eine nachträgliche Ergänzung oder Änderung nur unter engen Voraussetzungen möglich ist, sollte die Satzung mit großer Umsicht, ggf. auch unter Zuhilfenahme fachmännischer Beratung, entworfen werden. Der Entwurf der Satzung ist die wichtigste „Weichenstellung“ der Stiftungsgründung!
Eine Abstimmung der Entwürfe von Stiftungsgeschäft und Satzung mit der zuständigen Stiftungsbehörde und dem Finanzamt ist nicht zwingend vorgeschrieben, oft aber sinnvoll, um etwaigen Abstimmungsbedarf frühzeitig zu erkenn.
a) Die Stiftungsbehörde muss die Stiftung anerkennen, damit sie rechtsfähig wird. Stiftungsgeschäft und Satzung werden umfassend geprüft, vor allem darauf, ob ein zulässiger Zweck verfolgt wird, die zugesagte Vermögensausstattung und die Handlungsfähigkeit der vorgesehenen Organe gesichert ist.
b) Eine Einholung einer Stellungnahme des Finanzamtes ist angezeigt, wenn die Gemeinnützigkeit angestrebt wird, mit der steuerliche Privilegien verbunden sind. Das Finanzamt prüft, ob die Satzung den gesetzlichen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit entspricht. Ob die tatsächliche Geschäftsführung später rechtmäßig erfolgt, ist eine Frage, die von der Finanzverwaltung erst nach Anerkennung zu prüfen ist; wenn besondere Geschäfte anstehen, kann in diesem Stadium ggf. dennoch eine erste Abstimmung erfolgen, um Planungssicherheit zu gewinnen.
Bestehen keine Einwände (mehr), kann die Stiftung errichtet werden. Das erfolgt im Wege des (bereits entworfenen, nun wirksam abzuschließenden) Stiftungsgeschäfts. Beim Stiftungsgeschäft (§ 81 BGB) handelt es sich um die verbindliche Erklärung des Stifters, die Stiftung mit einer (vom Stiftungsgeschäft in Bezug genommenen) Satzung errichten zu wollen und ihr ein gewisses Vermögen zu übertragen.
Für das Stiftungsgeschäft ist bei Errichtung unter Lebenden (nur) die Schriftform vorgeschrieben, § 81 Abs. 3 BGB nF. Das war im Grundsatz schon bisher so (§ 81 Abs. 1 S. 1 BGB aF), allerdings schließt sich das neue Recht der bisher überwiegenden – aber umstrittenen – Auffassung an, dass das auch dann gilt, wenn das Übertragungsversprechen eigentlich einer strengeren Formvorschrift unterläge (besonders relevant im Falle einer Ausstattung der Stiftung mit Immobilien, für deren Veräußerung üblicherweise die notarielle Form erforderlich ist). Wohlgemerkt: Für die Ausstattung selbst (s. u.) bleibt es für Immobilien bei dem Erfordernis einer notariell beurkundeten Einigung.
Bei der Errichtung von Todes wegen sind für das Stiftungsgeschäft die erbrechtlichen Formvorschriften zu beachten. Achtung: Bei letztwilligen Verfügungen müssen sich die wesentlichen Elemente der Zuwendung (in diesem Fall Stiftungszweck und Vermögenszuwendung) in der Verfügung selbst oder in einem Anhang finden, der seinerseits erbrechtlichen Formvorschriften genügt. Ein nur knapp gefasstes Stiftungsgeschäft samt Verweis auf eine maschinenschriftliche Satzung ist hier nicht zu empfehlen.
Ihre Rechtsfähigkeit erlangt die Stiftung sodann durch die Anerkennung der zuständigen Stiftungsbehörde, § 80 Abs. 2 nF (Abs. 1 aF). Hierfür sind das unterzeichnete Stiftungsgeschäft und die Satzung bei der Behörde einzureichen. Zum Teil werden von den Behörden auch weitere Nachweise verlangt, etwa formlose Erklärungen der vorgesehenen Organmitglieder, ihr jeweiliges Amt anzunehmen, oder einen Nachweis über das Vorhandensein des Stiftungsvermögens beim Stifter (in Form von Kontoauszügen o.ä. – um sicherzustellen, dass die zugesagte Dotierung tatsächlich erfolgen kann). § 82 BGB nF hat die Pflicht der Behörden zur Anerkennung sprachlich schärfer gefasst („ist anzuerkennen“), welche Auswirkungen diese Änderung auf die behördliche Praxis haben wird, bleibt abzuwarten.
Sinnvollerweise sollte im Zusammenhang mit der Anerkennung auch schon eine Vertretungsbescheinigung für den Vorstand beantragt werden, um seine Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, weil es bislang für Stiftungen kein Register gibt, aus dem sich die Vorstandsstellung ergibt (wie z. B. das Handelsregister für Gesellschaften). Zukünftig wird sich das ändern: Ab dem 01.01.2026 wird beim Bundesamt für Justiz ein Stiftungsregister eingerichtet (§ 82b BGB nF), das einen dem Handelsregister vergleichbaren Vertrauensschutz begründen soll (§ 82d BGB nF). Bis dahin werden Stiftungen weiterhin mit dem Nachweis durch die Aufsichtsbehörde arbeiten müssen.
Wenn die Stiftung in den Genuss der Steuerbefreiungen für gemeinnützige Zwecke kommen soll, ist dies beim Finanzamt zu beantragen (§ 60a AO). Hierfür ist die Satzung mit dem Anerkennungsvermerk der zuständigen Behörde und einer Vertretungsbescheinigung zu übersenden. Sofern im Voraus die zuvor beschriebene Abstimmung der Entwürfe mit dem Finanzamt erfolgt ist, ist üblicherweise mit einer kurzfristigen und reibungslosen Bearbeitung zu rechnen.
Nach Anerkennung der Stiftung ist der Stifter verpflichtet, das im Stiftungsgeschäft zugesagte Vermögen auf die – nun rechtsfähige – Stiftung zu übertragen, § 82a BGB nF (§ 82 BGB aF). Bei Barausstattungen erfolgt das im Wege der Überweisung, bei Grundstücken im Wege der (notariell zu beurkundenden) Übertragung.
Eine Besonderheit gilt bei Vermögenswerten, die lediglich abgetreten werden (etwa Forderungen oder KG‑Anteile): Für sie ist kein gesonderter Übertragungsakt erforderlich, das Vermögen geht im Augenblick der Anerkennung automatisch auf die Stiftung über (§ 82a S. 2 BGB nF, § 82 S. 2 BGB aF).
Für die Ausstattung kann der Stiftungsvorstand dem Stifter eine Zuwendungsbestätigung ausstellen, um einen steuerlichen Sonderausgabenabzug zu ermöglichen (§§ 10b Abs. 1a, Abs. 1 EStG).
Sind alle Schritte durchlaufen, beginnt das Leben der Stiftung, und es kann die Verfolgung des festgelegten Zwecks angegangen werden. Sollte im Rahmen der Geschäftsführung Beratungsbedarf bestehen, stehen Ihnen unsere Teams für die Bereiche Private Clients und Corporate gern als Ansprechpartner zur Verfügung.
Dr. Cornel Potthast, LL.M.
Partner
Rechtsanwalt
(potthast@redeker.de)
Dr. Philipp Georg Kampmann
Senior Associate
Rechtsanwalt
(kampmann@redeker.de)
Hans‑Peter Hoh
Partner
Rechtsanwalt
(hoh@redeker.de)
Dr. Patrick Schäfer
Senior Associate
Rechtsanwalt
(patrick.schaefer@redeker.de)
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