Stiftungsorgane finden sich regelmäßig in einem Konflikt zwischen Vermögenserhaltung und der Frage wieder, ob ein Teil von möglichen Gewinnen aus einer Vermögensumschichtung zur Verfolgung des Stiftungszwecks eingesetzt werden kann. Die in den Landesstiftungsgesetzen diesbezüglich nur teilweise enthaltenen Regelungen werden mit dem Inkrafttreten der Reform des Stiftungsrechts durch die §§ 83b, 83c BGB‑neu abgelöst.
Wir möchten Sie gerne dabei unterstützen, diese zivilrechtlichen Neuregelungen zur Vermögenserhaltung sowie der Umschichtung des Stiftungsvermögens richtig einzuordnen und die aus Vermögensumschichtungen resultierenden Möglichkeiten zutreffend zu eruieren. Zu diesem Zweck muss zunächst ein Verständnis über das Stiftungsvermögen als solches und seine Zusammensetzung geschaffen werden, bevor eine Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit von Vermögensumschichtungen erfolgen kann.
Die Stiftung unterscheidet sich von anderen körperschaftlich organisierten juristischen Personen des Privatrechts wie rechtsfähigen Vereinen oder Kapitalgesellschaft nicht nur dadurch, dass sie keine Mitglieder hat, sondern wird darüber hinaus auch durch eine besondere Verknüpfung von Stiftungszweck und Stiftungsvermögen geprägt. Ist der Unternehmensgegenstand einer GmbH als Ausdruck des Gesellschaftszwecks typischerweise darauf angelegt, Vermögen zu erwirtschaften, um den Gewinn an die Gesellschafter ausschütten zu können, wird eine Stiftung mit Vermögen ausgestattet, das selbst als Mittel zur Verwirklichung des Stiftungszwecks dient. Eine dauernde Zweckerfüllung setzt daher voraus, dass die Stiftung ihren Zweck mit dem Vermögen über einen längeren Zeitraum erfüllen kann.
Unter dem Stiftungsvermögen ist das gesamte Vermögen einer Stiftung zu verstehen, das sich aus verschiedenen Vermögensmassen zusammensetzen kann. Im Folgenden findet nur die sog. Ewigkeitsstiftung, d. h. eine Stiftung, die auf unbestimmte Zeit errichtet wurde, Berücksichtigung. Das Stiftungsvermögen einer Ewigkeitsstiftung besteht aus dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen (§ 83b Abs. 1 Satz 1 BGB‑neu). Das sonstige Vermögen wird vom Grundstockvermögen negativ in der Weise abgegrenzt, dass alle Vermögensgegenstände, die nicht zum Grundstockvermögen gehören, sonstiges Vermögen einer Stiftung sind. Das Grundstockvermögen einer Stiftung kann sich zusammensetzen aus
‑ dem gewidmeten Vermögen,
‑ dem der Stiftung zugewendeten Vermögen, das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden (sog. Zustiftung) und
‑ dem Vermögen, das von der Stiftung zu Grundstockvermögen bestimmt wurde.
Das Grundstockvermögen einer Stiftung besteht jedenfalls aus dem gewidmeten Vermögen, das der Stiftung zur eigenen Verfügung und zur Erfüllung des von dem Stifter vorgegebenen Stiftungszwecks durch das Stiftungsgeschäft überlassen wird (vgl. § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB‑neu).
Die Relevanz für die Aufteilung des Stiftungsvermögens in das Grundstockvermögen und das sonstige Vermögen ergibt sich aus § 83c Abs. 1 Satz 1 BGB‑neu. Danach ist das Grundstockvermögen ungeschmälert zu erhalten. Durch die Vermögenserhaltungspflicht wird das Grundstockvermögen vom sonstigen Vermögen der Stiftung unterschieden, das für die Erfüllung des Stiftungszwecks verbraucht werden soll und beispielsweise durch die laufenden Erträge aus dem Grundstockvermögen erzielt werden kann. Zentrale Pflicht der Erhaltung des Grundstockvermögens ist das Verbot, Grundstockvermögen für die Erfüllung des Stiftungszwecks zu verbrauchen. Der Stiftungszweck ist vielmehr mit den Nutzungen des Grundstockvermögens zu erfüllen (§ 83c Abs. 1 Satz 2 BGB‑neu).
Nach Ansicht des Gesetzgebers bezieht sich die Erhaltungspflicht grundsätzlich auf das Grundstockvermögen als Ganzes und nicht auf die einzelnen Vermögensgegenstände, die das Grundstockvermögen bilden. Die Zusammensetzung des Grundstockvermögens kann von den Stiftungsorganen grundsätzlich geändert werden, um durch Vermögensumschichtungen höhere Erträge für die Stiftung zu erwirtschaften. Werden dabei Umschichtungsgewinne erzielt, können diese für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden, soweit dies durch die Satzung nicht ausgeschlossen wurde und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist (vgl. § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB‑neu).
Da Stiftungen sowohl hinsichtlich ihrer Zwecke als auch hinsichtlich der Zusammensetzung ihres Vermögens sehr unterschiedlich sind, lassen sich die Anforderungen an die Verwaltung des Grundstockvermögens einer Stiftung in Form der Vermögenserhaltung gesetzlich nicht weiter konkretisieren. Welche Verwaltungsmaßnahmen erforderlich sind, kann daher regelmäßig nur mit Blick auf die konkrete Stiftung und die konkret bestehenden Anlagemöglichkeiten für das Grundstockvermögen der Stiftung entschieden werden.
Durch § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB‑neu soll geregelt werden, dass der Stiftungszweck grundsätzlich auch mit den Zuwächsen aus der Umschichtung des Grundstockvermögens, d. h. einem Umschichtungsgewinn, erfüllt werden kann, ohne dass es dazu einer bestimmten Satzungsregelung bedarf. Die Umschichtung des Grundstockvermögens ist daher auch für solche Stiftungen möglich, deren Satzungen sich zur Vermögensumschichtung nicht verhalten.
Unter einer Vermögensumschichtung ist insbesondere die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes gegen Erhalt eines Veräußerungsentgelts oder auch eines anderen Vermögensgegenstandes bei einem Tauschgeschäft zu verstehen. Bei der Umschichtung des Grundstockvermögens muss zwischen zwei wesentlichen Fragen differenziert werden. Zum einen ist zu prüfen, ob das Grundstückvermögen als solches oder ein zum Grundstockvermögen zählender Vermögensgegenstand umgeschichtet werden darf. Zum anderen ist die Zuordnung eines im Rahmen der Umschichtung erzielten Veräußerungserlöses oder eines erhaltenen Vermögensgegenstandes innerhalb des Stiftungsvermögens zu klären.
Trotz der prinzipiellen Zulässigkeit einer Umschichtung des Grundstockvermögens sowie dem grundsätzlichen Fehlen einer gegenständlichen Vermögenserhaltung, können sich im Einzelfall Veräußerungsverbote ergeben.
Allgemein darf eine Umschichtung die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gefährden. Diese Gefahr hat der Gesetzgeber vor allem bei einer Veräußerung solcher vom Stifter auf die Stiftung übertragenen Vermögensgegenstände gesehen, die unmittelbar der Erfüllung des Stiftungszwecks dienen, wie zum Beispiel Grundstücke oder Einrichtungen, die nicht durch gleichwertige Vermögensgegenstände ersetzt werden können. Da Stiftungen regelmäßig Grundstücke gewidmet werden, enthalten eine Vielzahl von Stiftungssatzungen eine Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen der Grundbesitz der Stiftung veräußert werden darf:
“Umschichtungen des Vermögens der Stiftung sind zulässig. Der Grundbesitz der Stiftung soll jedoch nur veräußert werden, wenn die wirtschaftliche Situation der Stiftung es erfordert, wobei der Erlös nach Möglichkeit für den Erwerb von Grundbesitz verwendet werden soll.”
Im Übrigen ist es eine Frage des (hypothetischen) Stifterwillens und des Stiftungszwecks nicht aber der Vermögenserhaltungspflicht, ob bestimmte Vermögensgegenstände veräußert werden können. Ist der Zweck der Stiftung beispielsweise auf die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes gerichtet, dient das betreffende und im Eigentum der Stiftung stehende Grundstück der unmittelbaren Zweckverwirklichung, so dass diesbezüglich eine Vermögensumschichtung regelmäßig ausgeschlossen ist. Der Stifter kann in der Errichtungssatzung außerdem auch ausdrücklich bestimmen, dass einzelne Vermögensgegenstände nicht zu veräußern und in ihrem Wert zu erhalten sind. Die zuständigen Stiftungsorgane sind in diesem Fall jedenfalls solange an diesen „Ausschluss“ einer Vermögensumschichtung gebunden, wie die Satzungsbestimmung nicht geändert wird.
Andererseits ist zu beachten, dass derartige Veräußerungsverbote im Einzelfall auch in Veräußerungsgebote umschlagen können, wenn die dauernde und nachhaltige Verfolgung des Stiftungszwecks gefährdet ist oder die ursprüngliche Bestimmung durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse überholt worden ist.
Nach § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB‑neu können Umschichtungsgewinne für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwenden werden. Eine derartige Verwendung der Umschichtungsgewinne steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Umschichtungsgewinn nicht für die Erhaltung des Grundstockvermögens benötigt wird. Wenn es nach den Maßstäben der Vermögenserhaltungspflicht erforderlich ist, dass Grundstockvermögen durch den Umschichtungsgewinn aufzufüllen, kann der Umschichtungsgewinn keine Verwendung für die Erfüllung des Stiftungszwecks finden.
Im Referentenentwurf zur Reform des Stiftungsrechts war in den Regelungen zum Grundstückvermögen noch das sog. Surrogationsprinzip angelegt (vgl. § 83b Abs. 2 Satz 2 BGB‑RefE). Stark verkürzt sollen nach dem Surrogationsprinzip alle Vermögensgegenstände, die mit Mitteln aus der Veräußerung von anderen Vermögensgegenständen des Grundstockvermögens erworben werden, ein Surrogat für die veräußerten Vermögensgegenstände darstellen. Als Konsequenz dessen wurde es angesehen, dass Umschichtungsgewinne per se als Surrogat des Vermögensgegenstandes aus dem Grundstockvermögen nicht für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden können, sondern grundsätzlich dem Grundstockvermögen zuzuführen und entsprechend zu erhalten waren, wenn die Satzung keine andere Regelung vorgesehen hat oder aufgrund des Stifterwillens keine andere Vorgehensweise veranlasst gewesen ist.
Die Bedeutung von § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB‑neu ist deshalb darin zu sehen, dass die Verwendung von Umschichtungsgewinnen eigenständig geregelt wird und diese im Grundsatz künftig wie gewöhnliche Stiftungserträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden können. Die Stiftungsorgane stehen mit Inkrafttreten der §§ 83b, 83c BGB‑neu vielmehr vor der Frage, ob Umschichtungsgewinne, die in der Vergangenheit nach dem Surrogationsprinzip dem Grundstockvermögen zugeführt worden sind, künftig jedenfalls teilweise für die Erfüllung der Stiftungszwecke verbrauchen dürfen.
Eine Vielzahl von Landesstiftungsgesetzen und Stiftungssatzungen sprechen lediglich vom „Stiftungsvermögen“, ohne eine weitere Differenzierung vorzunehmen. Die Stiftungsorgane sollten die jeweilige Stiftungssatzung daraufhin überprüfen, ob die mit Blick auf die Vermögenserhaltungspflicht spätestens mit dem Inkrafttreten der Reform des Stiftungsrechts zwingend erforderliche Differenzierung zwischen dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen durch die betreffenden Satzungsregelungen hinreichend klar zum Ausdruck gebracht wird. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine Satzungsänderung nach Maßgabe von § 85 Abs. 2 und Abs. 3 BGB‑neu in Betracht zu ziehen und deren Durchführbarkeit im Einzelfall zu prüfen.
Wenn sich aus der konkreten Stiftungssatzung bislang keine Differenzierung des Stiftungsvermögens nach Grundstockvermögen und sonstigen Vermögen herleiten lässt, dient die vorstehend erwogene Klarstellung auch als Antwort auf die Frage, ob und inwieweit eine Vermögensumschichtung durchführbar ist. Erst wenn Klarheit über die Zusammensetzung des Grundstockvermögens besteht, kann die Zulässigkeit einer Vermögensumschichtung bewertet werden.
Im Vergleich zu den derzeit gültigen Landesstiftungsgesetzen hat der Bundesgesetzgeber mit den §§ 83b, 83c BGB‑neu einheitliche bundesgesetzliche Regelungen geschaffen, die zur Rechtssicherheit beitragen werden. Die Aufteilung des Stiftungsvermögens hat zur Folge, dass das Grundstockvermögen stringent vom sonstigen Vermögen der Stiftung getrennt werden muss und das Grundstockvermögen durch die Zweckverfolgung nicht angegriffen werden darf. Inwieweit die Neuregelung in § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB‑neu tatsächlich in der Praxis zu einer Rechtssicherheit im Umgang mit Umschichtungsgewinnen führen wird, bleibt abzuwarten. Schon im Hinblick auf die Vermögenserhaltungspflicht hat sich der Gesetzgeber aufgrund der sehr unterschiedlichen Stiftungszwecke und der stark variierenden Zusammensatzung des Stiftungsvermögens nicht im Stande gesehen, die gesetzlichen Anforderungen an die Verwaltung des Grundstockvermögens weiter zu konkretisieren. Auch die Zulässigkeit einer Vermögensumschichtung sowie die Verwendungsmöglichkeiten eines Umschichtungsgewinns sind jedoch in besonderer Weise vom Einzelfall abhängig, so dass sich der Mehrwert der Neuregelung für die Rechtspraxis erst noch beweisen muss.
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