‑‑BGH, Urteil vom 26.10.2017 – VII ZR 16/17
Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Sprinklerarbeiten bei einem Bauvorhaben beauftragt. Die Besonderen Vertragsbedingungen sahen als „verbindliche Vertragsfristen“ die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts bis zum Ende der 50. KW 2008 und des zweiten Bauabschnitts bis zum Ende der 40. KW 2010 vor. Die Bauarbeiten gingen wegen der Insolvenz eines Rohbauunternehmens und der verzögerten Planung durch den Architekten der Beklagten wesentlich langsamer als vorgesehen voran. Seit 2012 konnte die Klägerin keine weiteren Leistungen erbringen, da der stagnierende Baufortschritt dies nicht zuließ. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie einen Leistungsstand von etwa 40 % der geschuldeten Gesamtleistungen erreicht. Die Beklagte kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 27.11.2012. Die Klägerin sprach ihrerseits am 3.12.2012 eine Kündigung aus. Am 17.12.2012 erklärte die Beklagte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistungen.
Die Schlussrechnung der Klägerin wies einen Betrag für einen Nachtrag „Preiserhöhung aufgrund Bauzeitverlängerung für den Zeitraum 2011“ aus. Mit diesem Nachtrag macht die Klägerin gestiegene Lohn- und Materialkosten geltend, die ihr dadurch entstanden sein sollen, dass sie Teile ihrer Arbeiten erst im Jahr 2011 durchführen konnte.
Siehe die vorstehenden Leitsätze zu Ziff. 1 und 2.
Dieses Urteil des VII. Senats des BGH ist eine wesentliche Grundsatzentscheidung: Der BGH akzeptiert Ansprüche aus § 642 BGB ausschließlich für den Zeitraum des Annahmeverzugs des Bestellers. Alle weiteren Ansprüche, die kausal infolge des Annahmeverzugs entstanden sind, sich jedoch erst nach dem Annahmeverzug auswirken, werden durch § 642 BGB nicht gedeckt. Damit ist erstmals eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser seit langem streitigen Frage vorgelegt worden. Ansprüche eines Auftragnehmers aus § 642 BGB werden drastisch gekürzt. Diese Entscheidung wird gravierende Auswirkungen auf zahlreiche bei Landgerichten anhängige Prozesse haben. Insbesondere die baubetrieblichen Sachverständigen werden bei Erstellung ihrer Gutachten diese Entscheidung zu berücksichtigen haben.
Prof. Thomas Thierau
Partner
Rechtsanwalt
(thierau@redeker.de)
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